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Kitesurfen ohne Boardleash

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Ulf geht bereits beim Sturz direkt auf Kurs!

Die einen hassen sie, die anderen schwören drauf. Die Boardleach. Immer häufiger beklagen Kitesurfer, daß sie trotz Leach ihr Board verloren haben. Dabei ist entweder die Leach gerissen oder der Plug aus dem Board gebrochen. Meist sind die Kräfte bei Bodydrags punktuell so hoch, daß selbst kleinere Stürze bereits das Material überfordern. Denn das Board unter Wasser gezogen wirkt wie ein Anker. Andersherum kommt das Board wie eine Rakete hinter her geschossen und nimmt zwangsläufig den Piloten unter Beschuß. Ein gute und halbwegs sichere Alternative stellt eine Rollleach dar, die dem Board erst einmal Leine gibt. Sollte es jedoch mal richtig zur Sache gehen, hat auch dieses System Grenzen. Gerade der Fortgeschrittene wiegt sich mit einer Leach in falscher Sicherheit. Ist die Leach erst einmal gerissen, fehlt das nötige Know How wieder zum Board aufzukreuzen und das Teil ist futsch.

Die einfachste und sicherste Lösung ist, gar keine Leach zu verwenden. Doch bevor man sich von seinem Board trennt, sollte man das Kitesurfen ohne Board üben!!! Außerdem setzt dies bereits einiges an Erfahrung voraus! Man sollte den Kite schon sehr gut beherrschen und mit den Elementen Wasser und Wind vertraut sein. Für Ein und Aufsteiger ist die Leach leider unabdingbar und wichtig.

Folgende Voraussetzungen sollten vorhanden sein:

- Gezielte Übungen auch ohne Board Höhe zu laufen
- Blinde Kitekontrolle
- Höhelaufen und Kreuzen sollten keine Fremdwörter sein
- Gutes Verständnis über Wind, Wellen und Strömungen
- Vertrauen in das eigene Können, keine Panik ohne Brett empfinden

Hier wird es kritisch:

- Zu wenig Wind oder absolute Überpower
- Ablandiger Wind oder starke Strömung
- Bei niedrigen Wassertemperaturen
- Zu weit raus gefahren, keine Freunde oder Kollegen können helfen
- Man bekommt Panik oder hat keine Kraftreserven mehr
- Man hat den Kite gedroppt und muß dauernd das Board festhalten (Lösung weiter unten, Notleach)

Aber gerade für Fortgeschrittene wird die Leach immer mehr zu Gefahrenquelle. Die Kites werden größer und auch die Stürze heftiger. Das Risiko das die Leach reißt, man sich ungewollt in der Leach verheddert oder man das Board abbekommt steigt immer mehr. Dabei muß man dieses Risiko gar nicht eingehen. Nur bei ablandigem Wind oder bei hoher Brandung ist eine Leach nach wie vor bedingt sinnvoll.

Die folgenden Tips basieren auf meinen Erfahrungen. Nachdem ich mir einmal den Kopf mit dem Brett eingeschlagen habe und ein Helm einfach gestört hat, war das Thema Leach für mich durch. Ich benutze seit über einem Jahr keine Leach mehr. Jedes mal, wenn ich Kiten gehe verliere ich mein Board ein gutes Dutzend mal. In 99.5% der Fälle komme ich ohne fremde Hilfe wieder an mein Brett heran. Nur ganz selten bin ich auf die Hilfe von anderen angewiesen. Mittlerweile ist die Hilfsbereitschaft auf dem Wasser so hoch, daß man das Board öfters nach Lee getragen bekommt, als es wirklich nötig ist. Viele fahren mittlerweile ohne Fangseil und da ist es selbstverständlich mal kurz zu helfen. Für mich ist die Situation von meinem Board getrennt zu werden völlig normal geworden. Hinzu kommt, daß Stürze und Bodydrags an Dramatik verloren haben.

So geht es ganz einfach:

- Zuerst ohne Board in Ufernähe üben. Dazu den Kite ins Chicken einhängen (Depowerloop), da ein Kite mit Depower immer besser Höhe zieht. Den Kite auf ca. 10.00 ins Windfenster runter fliegen, dabei den vorderen Arm auf den gewünschten Kurs ausrichten.
- Jetzt versuchen Schwung zu bekommen. D.h. nicht zuviel Höhe knüppeln. Man sollte schon das Gefühl bekommen etwas zu gleiten. Am Besten den ganzen Körper strecken und leicht im Wasser aufstellen. Das ergibt sich meist ganz von selbst, wenn man sich streckt.
- Den Kite dabei möglichst stellen. Es macht auch bei wenig Wind kaum Sinn den Kite zu pendeln oder zu powern. Wichtig ist es den Schwung aufrecht zu halten und dann möglichst viel Höhe raus zu holen.
- Ruhig 20-30 Meter oder mehr kreuzen. Beim Richtungswechsel den Kite ganz langsam mit möglichst wenig Power auf die andere Seite holen, sonst verliert man hier wieder die erkämpfte Höhe. Gerade bei Überpower muß man hier sehr behutsam sein, ggf. den Adjuster vorher durchziehen.
- Wenn das Board später ins Spiel kommt, ist es sehr wichtig cool zu bleiben. Am besten zuerst einmal vom Board weg kreuzen. Je mehr das Brett in Luv liegt (im Wind) desto länger müssen die Schläge werden. Das Board kann nur nach Lee treiben, d.h. je länger man kreuzt, desto mehr hat das Board Zeit nach Lee zu treiben. Hinzu kommt, daß man weniger häufig die Richtung wechseln muß, was sonst sehr viel Höhe kosten kann.
- Wenn man das Board bereits sehen kann, nicht krampfhaft darauf zu halten. Es ist wichtiger den Schwung zu behalten. Zur Not daran vorbei kreuzen und noch einen kleinen Schlag dran hängen.

Bereits nach ein paar Schlägen wird man merken wie einfach das geht. In der Regel hat man das Board bereits nach zwei kleinen Schlägen wieder. Nach ein paar Tagen geht es dann in Fleisch und Blut über. Für die meisten ist das Thema Leach spätestens jetzt gestorben. Trotzdem kann ich jedem nur empfehlen ein Art Notleach mit sich zu führen. Ich habe einen 5mm Gummitampen mit einem Schnapphaken stets in einer kleinen Tasche auf der Rückseite des Trapez dabei. Sie hat mir in Notsituationen (meist mit anderen) und bei widerwillig startenden Kites schon gute Dienste erwiesen.

Hier noch ein paar Tips für die fortgeschrittenen Leachverweigerer:

- Super viel Höhe gewinnt man, wenn man bereits im Sturz oder unmittelbar vor einer brettlosen Landung schon auf Kurs geht. Denn die initiale Power des Kites bei einem Sturz, die man unweigerlich durch einen Bodydrag durchsteht bis der Kite im Zenit ist, kostet die meiste Höhe und trennt einen erheblich vom Brett. D.h. wenn man jetzt schon auf Kurs geht und den Kite erst gar nicht in den Zenit fliegt, hat man schon die halbe Miete.
- Lieber richtig schön lange Schläge machen, so daß man nur einen Richtungswechsel braucht, auch wenn man dabei das Board aus den Augen verliert.
- Ist man halbwegs in Landnähe und ist das Board richtig weit in Luv, lieber an Land kreuzen einen Moment warten und wieder raus fahren.

Wenn es hart auf hart kommt:

- Typisch ist die Situation, wenn man den Kite droppt, das Teil will nicht starten und man hat nicht rechtzeitig das Board gegriffen. Besonders bei Hochleistungskite mit eingeschränktem Wasserstart wird es kritisch. Innerhalb von Minuten ist das Board ganz schön weit weg. Das beste ist, sich erstmal auf den Relaunch zu konzentrieren. Das Brett ist eh futsch und je mehr man rumtüddelt, desto schlimmer wird es. Also je früher der Kite oben ist, desto weniger Höhe hat man verbraten. Ist man in Landnähe, ist es am besten zu Fuß die Höhe zu erkämpfen. Vorher sollte man jedoch versuchen die Position ungefähr zu ermitteln und sich zu merken.
- Das Board ist defintiv futsch, man ist total über oder unterpowert oder man hat kaum noch Kraft mehr. Jetzt muß man zuerst an die eigenen Haut denken. Den Kite am Himmel sichern und ab ans Land. Jetzt nicht panisch wieder raus gehen. Die Kräfte sind unter Umständen immer noch am Limit. Hier ist es immer besser um Hilfe zu bitten. Wer höflich fragt, wird immer einen Hilfsbereiten Kitesurfer oder Windsurfer finden. Ein Kasten Bier oder ein Einladung zum nächsten MC nach gelungener Rettungsaktion können den Helfer zusätzlich motivieren. Ggf. kann man das auch gleich draußen auf dem Wasser organisieren. Bei allen kritischen Situationen ist es immer ratsamer rechtzeitig Hilfe zu bekommen.

So. Ich hoffe, daß Euch meine Tips helfen, mehr Vertrauen in das Kitesurfen ohne Board zu bekommen. Auch wer weiterhin mit Leach fährt, sollte das Aufkreuzen zum Board üben, bevor er darauf angewiesen ist. Meiner Meinung nach gehört der Umgang mit dem Kite auch ohne Board zum elementaren Grundwissen. Genau wie alle anderen Sicherheitssysteme, ist man nie 100% vor kritischen Situationen gefeit. Wer als Fortgeschrittener immer noch auf eine Leach vertraut, weil er sonst nicht mehr an sein Board heran kommt, baut über kurz oder lang auf die falsche Sicherheitslösung. Letztendlich bekommt durch den Verzicht auf eine Leach zusätzlich neue Bewegungsfreiheit, die nicht nur den Spaß am Kitesurfen sondern auch zusätzlich für mehr Sicherheit sorgt. Denn je mehr Erfahrung und Vertrauen man in seine eigenen Fähigkeiten hat, desto sicherer wird dieser Sport. Dies sollte man jedoch nie mit Leichtsinn verwechseln.

Gruß olli

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